Südlich von Manacor am camí de Son Coletes liegt der cementiri de Son Coletes (39.550121 N, 3.211505 O).
Der Friedhof wurde während der Pestepidemie angelegt, die sich 1820/21 im Osten der Insel ausgebreitet hatte. Er wurde als provisorischer Bestattungsort genutzt, um die an der Seuche verstorbenen manacorins außerhalb des Stadtgebiets zu bestatten.
Mit dem Ende der Pestepidemie geriet der Friedhof bei den Mallorquinern nahezu in Vergessenheit. Erst nach mehr als einem Jahrhundert rückte er während des Spanischen Bürgerkriegs (1936 bis 1939) wieder ins Bewusstsein der Inselbewohner.
Die (Zweite) Spanische Republik, die am 14. April 1931 von dem späteren spanischen Präsidenten Niceto Alcalá-Zamora Torres (1931 bis 1936) ausgerufen worden war, war zwar mit dem Ziel angetreten, die Gesellschaft zu modernisieren. Sie konnte die von ihr ausgegebenen Ziele aber nicht umsetzen, sodass die Konzept- und Hilflosigkeit der (Zweiten) Spanischen Republik in der Bevölkerung sowohl zu Unmut als auch zu Gewalt führten.
Am 17. Juli 1936 löste General Francisco Franco Bahamonde (*1892 bis 1975) den Spanischen Bürgerkrieg aus, indem er sich in Spanisch-Marokko mit den ihm unterstellten Truppen gegen die (Zweite) Spanische Republik erhob. Bereits am 18. Juli 1936 trug Franco den Staatsstreich nach Spanien, in dem die nationalen Franquisten und die demokratischen Republikaner einen blutigen Kampf um die Macht in den Städten und Regionen führten. Nachdem der republikanische Widerstand zusammengebrochen war, erklärte Franco am 1. April 1939 die siegreiche Beendigung des Spanischen Bürgerkriegs, auf den seine bis zum 20. November 1975 andauernde Diktatur folgte.
Nachdem Mallorca schon am 19. Juli 1936 von den Franquisten übernommen worden war, führten die Repressionen gegen die Anhänger der Republik auch in der Umgebung von Manacor schon bald zu Verhaftungen und Todesurteilen. Bis zum 23. August 1936 fanden die Hinrichtungen zunächst auf dem cementiri de Son Mas in Manacor statt, der die vielen Opfer aber schon bald nicht mehr aufnehmen konnte. Ab dem 24. August 1936 wurden die Todesstrafen auf dem cementiri de Son Coletes vollstreckt, auf dem mehr als zweihundert Exekutionen vermutet werden.
Die Menschen wurden auf dem Friedhof nicht nur ohne jede Geheimhaltung getötet, insbesondere auch zu allen Tageszeiten. Vielmehr entwickelte sich das grausige Geschehen auch überörtlich zu einer Attraktion, die zahlreiche Besucher anzog; nach der Aussage des Grabungskoordinators Cesc Busquets sollen Schaulustige aus Palma mit dem Taxi angereist sein, um sich die Spektakel anzusehen.
Der Friedhof wurde 1947 in seiner heutigen Form angelegt.
Die ursprünglichen Grabkammern waren oberirdisch angelegt. Unter umfangreichen Erdbewegungen wurden die Räume zwischen den Gruften vollständig verfüllt; in einigen Bereichen erreichen die Anschüttungen eine Stärke von bis zu 3 Meter. Die ursprünglichen Grabkammern, deren Knocheninhalte nur grob geborgen wurden, gerieten in eine unterirdische Lage.
Der Verbleib der Knochen ist bis heute ungeklärt.
Einige Quellen teilen mit, dass die Knochen in Tüten verpackt und an einen unbekannten Ort verbracht worden seien. Einige Berichte führen demgegenüber aus, dass die Knochen im Fundament der Umfassungsmauer des Friedhofs einbetoniert worden seien.
Obwohl sich das Königreich Spanien während des von 1975 bis 1977 währenden transición española (Spanischer Übergang) von der franquistischen Diktatur zur parlamentarischen Monarchie gewandelt hatte, fand eine Aufarbeitung des franquistischen Unrechts zunächst nicht statt. Der in Gesellschaft und Politik hingenommene Pakt des Vergessens, der sich stillschweigend gebildet hatte, wurde von den spanischen cortes (Höfe = Parlamentskammern) am 15. Oktober 1977 mit dem Ley (Gesetz) 46/1977 auch rechtlich unterstützt, indem alle während des Franquismus aus politischen Gründen begangene Verbrechen und Vergehen von der Strafverfolgung freigestellt wurden. Erst ab der Mitte der 1990er Jahre rief die Gesellschaft zunehmend nach einer Aufhellung der franquistischen Gräueltaten, der sich schließlich die zahlreichen Exhumierungsprojekte der im Dezember 2000 gegründeten Asociación para la Recuperación de la Memoria Histórica (Vereinigung zur Wiedererlangung des historischen Gedächtnisses) widmeten. Auch die spanischen Cortes leisteten am 31. Oktober 2007 mit dem Ley 52/2007 einen Beitrag zur Aufarbeitung des Franquismus, insbesondere durch die Anerkennung der Opfer der franquistischen Diktatur und die Unterstützung von Exhumierungen der franquistischen Opfer. Mit dem Ley 20/2022 übertrugen sie die Verantwortung für die Aufklärung des Franquismus am 19. Oktober 2022 vollständig auf das (Dritte) Königreich Spanien, insbesondere durch die Erhebung der Suche nach franquistischen Opfern zur staatlichen Aufgabe und die Einfügung der Vermittlung der franquistischen Unterdrückung in die schulischen Lehrpläne.
Die Suche nach Opfern des Spanischen Bürgerkriegs führte auch zu Grabungen auf dem cementiri de Son Coletes.
Die Archäologen entdeckten 2020 einen ersten Hinweis auf die Hinrichtungen, die auf dem Friedhof begangen worden waren. An vier Skeletten sind Einwirkungen durch eine Feuerwaffe in der Form von Einschusslöchern erkennbar. Die Reste von Kleidung und Schuhwerk entsprechen der typischen Mode der 1930er Jahre. Eine von einer Feuerwaffe abgeschossene Kugel des Kalibers 9 Millimeter, die auch von den franquistischen Falangisten verwandt wurde, weist Anhaftungen von Kleidungsfasern auf; sie hat somit einen Menschen getroffen! Die Archäologen bargen 2023 die Skelette von drei Frauen, die übereinander liegend verscharrt worden waren und bei denen es sich um einige der cinc infermeres (Fünf Krankenschwestern) handeln könnte, die am 5. September 1936 von den Franquisten exekutiert worden waren; zumindest war vor dem Fund keine andere Gruppe von gemeinsam hingerichteten Frauen bekannt geworden.