Über den Dächern von Nizza: Der colline du Château

Der etwa 93 Meter hohe colline du Château (Schlosshügel) (43.695937 N, 7.279752 O) reicht in Nizza zwischen der westlichen vieux Nice, der Altstadt von Nizza, und dem östlichen bassin Lympia, dem Hafen von Nizza, bis ans Mittelmeer. Mit ihrer vorgeschobenen Lage und ihren, zum Teil nahezu senkrechten, Abhängen eröffnet die Anhöhe ihren Besuchern einen traumhaften Blick über die baie des Anges sowie das bassin Lympia und den mont Boron.

Colline du Château – Östlicher Blick – Bassin Lympia – 2015

Die Bebauung des colline du Château wird erstmalig im 11. Jahrhundert erwähnt: Eine Zitadelle und die cathédrale Sainte Marie de l’Assompta.

Als Nizza im 16. Jahrhundert in die Streitigkeiten zwischen dem savoyischen Herzog Charles III dem Guten (1504 bis 1553) und dem französischen König François I dem Ritterkönig (1515 bis 1547) geriet, erlangte der colline du Château erstmals eine besondere Bedeutung. Gemeinsam mit dem osmanischen Großadmiral Ḫair ad-Dīn gen. Barbarossa, dem Herrscher von Algier (1518 bis 1546), versuchte François I auch Nizza zu besetzen. Die französisch-osmanische Kriegsflotte konnte 1543 zwar die Stadt plündern, jedoch die auf dem Hügel gelegene Zitadelle nicht erobern, sodass eine von Charles III ausgehobene Entsatzarmee die Stadt gerade noch rechtzeitig erreichen konnte. Die guten Erfahrungen, die mit der Lage der Zitadelle gemacht worden waren, griff der savoyische Herzog Emmanuel-Philibert der Eisenschädel (1553 bis 1580) auf, um die Verteidigungsanlagen auf dem Hügel weiter zu verstärken; er verlagerte dabei auch die Aufgaben der cathédrale Sainte Marie de l‘Assompta auf die in der vieux Nice gelegene cathédrale Sainte Marie et Sainte Réparate. Als Nizza im 17. Jahrhundert in die Auseinandersetzungen zwischen dem savoyischen Herzog Victor Amédée II (1675 bis 1730) und dem französischen König Louis XIV dem Großen (1643 bis 1715), der als Sonnenkönig in die Geschichte einging, verstrickt wurde, erfuhr der colline du Château wiederum eine besondere Aufmerksamkeit. Seine 1691 stattgefundene Belagerung offenbarte die Schwächen seiner gefährdeten Flanken, die Victor Amédée II sodann nochmals weiter verstärken ließ. Als Nizza im 18. Jahrhundert in den Spanischen Erbfolgekrieg (1701 bis 1714), bei dem die französischen Bourbonen und die österreichischen Habsburger um die spanische Krone nach dem spanischen König Carlos II dem Verhexten (1665 bis 1700) stritten, verwickelt wurde, erlangte der colline du Château letztmals eine besondere Bedeutung. Nachdem das Herzogtum Savoyen, das zunächst von 1701 bis 1703 an der Seite der Bourbonen gekämpft hatte, auf die Seite der Habsburger übergelaufen war, ließ Louis XIV den Hügel von 1705 bis 1706 belagern und über einen Zeitraum von etwa fünfzig Tagen aus etwa einhundertfünfzehn Geschützen beschießen; die Batterien waren im Bereich des heutigen boulevard Carabacel, des montée Carabacel, der avenue des Arènes de Cimiez, des place du Pin, der rue Scaliéro, der rue de Orestis, der rue de Maeyer, der impasse Victor Lavagna, dem boulevard Carnot, der avenue Lympia, den quai des Docks und dem boulevard Frank Pilatte in einem östlichen Halbkreis um den colline du Château verteilt. Nach der Eroberung der Zitadelle verfügte Louis XIV die vollständige Zerstörung der Verteidigungsanlagen, sodass die Mauern und Türme noch 1706 nicht nur abgetragen, sondern ihr Material auch abtransportiert wurden.

Colline du Château – Wasserfall – 2015

Erst 1830 nahm sich der sardische König Carlo Felice (1821 bis 1831) wieder des colline du Château an. Er ließ auf dem Hügel eine Parkanlage errichten, an dessen westlichem Abhang sich ein künstlicher Wasserfall befindet, der über der vieux Nice, insbesondere über dem marché aux Fleurs, zu thronen scheint.

Die Grünanlage ist zu Fuß über den tour Bellanda zu erreichen; dazu kann der Besucher etwa vierhundert Treppenstufen erklimmen oder den durch den Turm führenden Fahrstuhl benutzen. Die Parkanlage kann aber auch, insbesondere von Osten, mit einem Fahrzeug angefahren werden.

Tour Bellanda – 2015

Seit 1860/61 wird täglich um 12:00 Uhr auf dem colline du Château eine Kanone abgefeuert, deren Donnerschlag weit über Nizza zu vernehmen ist. Diese Tradition geht auf den englischen General Thomas Coventry-More zurück, der mit dem Signal an die Mittagszeit erinnern wollte; allerdings ist ungeklärt, ob er nur seine Ehefrau oder alle Nizzaer auf die Einnahme des Mittagsmahles hinweisen wollte.