Die unbekannte Gefahr für Flora und Fauna: Die caramulls!

Sie begegnen uns an den Stränden der Küsten und auf den Gipfeln der Gebirge. Sie erfreuen unsere Wahrnehmung und entfachen unseren Ehrgeiz.

Die Steinmännchen bestehen aus aufgeschichteten Steinen, deren Größe mit der Höhe immer weiter abnimmt. Sie sind zumeist in Kegelform errichtet, um eine bessere Stabilität zu erreichen. Sie kommen aber zuweilen auch in Zylinderform vor.

Obwohl die caramulls (Steinhaufen), die auf Mallorca stehenden Steintürme, ursprünglich nur als Wegzeichen dienten, kam ihnen später auch eine religiös-kulturelle Bedeutung zu. Sie sollten den Reisenden vor lästigen und bösartigen Geistern schützen, die am Wegesrand auf ihn lauern.

Caramulls – Santanyí – Cap de ses Salines – 2013

Ohne jeden Nutzen wächst sich das Aufschichten von Steinen in den Zeiten des modernen Massentourismus jedoch zu einer Plage aus, die die natürlichen Lebensräume der Insel bedroht. Die beschränkten Vorräte an Boden und Wasser sowie die belastenden Einwirkungen von Wind und Salz ermöglichen der Flora und Fauna nur ein entbehrungsreiches Leben, an das sie sich angepasst haben. Gerade die in der Landschaft verteilten Steine schaffen die Grundlage für ein pflanzliches und tierisches Habitat, in dem Bleiwurz, Meerfenchel und Strandflieder gedeihen sowie Europäische Halbfinger, Mauergeckos und Pityusen-Mauereidechsen toben sowie Brachpieper und Kurzzehenlerchen schwirren. Die Steine wirken nicht nur der Erosion entgegen, indem sie den unter und neben ihnen liegenden Boden festhalten. Sie stützen vielmehr auch die Wurzeln der Pflanzen, indem sie den von ihnen genutzten Boden verdichten. Auch bieten die Steine vielfältige Schutzräume, in denen sich die Pflanzen und Tiere den Einwirkungen von Sonne und Wind entziehen können. Um der umweltschädlichen Gruppendynamik der Urlaubsarchitekten entgegenzutreten, klären die Grup Balear d’Ornitologia i Defensa de la Naturalesa (Balearische Gruppe der Vogelkunde und Verteidigung der Natur) und die Associació Terraferida (Vereinigung der verwundeten Erde) nicht nur seit Mitte der 2010er Jahre unermüdlich über die Zerstörung der mallorquinischen Habitate durch das Aufschichten von caramulls auf, vielmehr fordern sie inzwischen auch verstärkt ein staatliches Einschreiten.