Rausfahren, wenn andere reinkommen: Rettungsschuppen Friedrichsschleuse

Der Verein zur Rettung Schiffsbrüchiger in Ostfriesland ließ bereits 1865 in Friedrichsschleuse einen ersten Rettungsschuppen aus Holz erbauen. Er stand am Westufer der Harle, und zwar auf der Binnenseite der Friedrichsschleuse.

Die Station wurde mit einem Rettungsboot des Typs Peake ausgestattet, das bei einer Länge von etwa 7,5 Meter mit sechs Ruderern besetzt war. Es war von der Rettungsstation Schillighörn nach Friedrichsschleuse verbracht worden, da es dort nur schwer eingesetzt werden konnte. Während das Rettungsboot in Schillighörn mit Pferden und Wagen durch die Dünen gezogen werden musste, konnte es in Friedrichsschleuse über eine Slipanlage ins Wasser gelassen werden.

Der Verein zur Rettung Schiffsbrüchiger in Ostfriesland schloss sich 1868 der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffsbrüchiger an.

Die Gesellschaft ließ in Friedrichsschleuse schon bald einen zweiten Rettungsschuppen aus Holz errichten. Er stand am Ort des ersten Rettungsschuppens, mithin binnenseitig der Friedrichsschleuse am westlichen Ufer der Harle.

Der Stützpunkt verfügte 1888 über das Rettungsboot CAROLINENSIEL.

Rettungsschuppen Friedrichsschleuse – Südöstliche Ansicht – 2023

Den dritten Rettungsschuppen (53.699485 N, 7.808210 O), der nunmehr aus Backsteinen erbaut wurde, ließ die Gesellschaft ab 1910 an der Friedrichsschleuse in Friedrichsschleuse errichten. Das Gebäude steht mit seinem östlichen Giebel auf einem Deich, während es in seiner westlichen Ausrichtung auf Pfeilern erbaut wurde. Der Rettungsschuppen befindet sich zwar weiterhin am Westufer der Harle, nunmehr aber auf der Seeseite der Friedrichsschleuse. Mit der Verlegung des Standorts war ein schneller Einsatz sichergestellt, da das Rettungsboot über die heute nicht mehr erhaltene Slipanlage unmittelbar in die Nordsee auslaufen konnte.

Die Station wurde 1911 mit dem Rettungsboot E. A. OLDEMEYER ausgestattet, das nach seinem Stifter benannt worden war.

Das Boot war ein Deutsches Normalrettungsboot.

Es hatte eine Länge von etwa 8,5 Meter.

Das Deutsche Normalrettungsboot war ein offenes Boot, das die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffsbrüchiger für die Verhältnisse der deutschen Küsten der Nordsee und der Ostsee hatte entwickeln lassen. In den 1870er Jahren bauten die in Rönnebeck ansässige Werft Oltmann, die die Werft Gebrüder Havighorst übernommen hatte, und die in Stralsund tätige Werft Kirchhoff den Prototyp des Deutschen Normalrettungsboots.

Das Boot wurde anfangs aus Eisen und später aus Stahlblech gefertigt.

Es erreicht eine Länge von etwa 7,5 bis 9,5 Meter. Es hat eine Breite von etwa 2,6 Meter.

Es hat ein Gewicht von etwa 1,4 Tonnen. Es verfügt über einen Tiefgang von etwa 35 Zentimeter.

Der Rumpf besitzt keinen Kiel, sondern ein absenkbares Schwert. Er ruht auf einer etwa 40 Zentimeter breiten Kielsohle, die sich zu einem spitzen Bug- und einem spitzen Achtersteven verjüngt.

Die Konstruktion ermöglichte den Einsatz in flachen Gewässern, insbesondere über Sandbänken. Sie ist durch den Einbau von Luftkästen und das Anbringen eines Korkgürtels nahezu unsinkbar.

Das Boot war mit sechs bis zehn Ruderern besetzt. Sie wurden von einem Vormann geführt.

Nachdem die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffsbrüchiger schon 1879 beschlossen hatte, seine Stationen mit dem Normalrettungsboot auszustatten, entwickelte sich das Boot schnell zum Rückgrat der deutschen Rettungsflotte. Von den 1890 insgesamt siebenundneunzig Rettungsbooten, die auf den Stationen vorgehalten wurden, waren fünfundsiebzig Normalrettungsboote; noch 1939 waren neununddreißig Normalrettungsboote im Einsatz, deren letzter Einsatz im März 1942 stattfand.

Der Stützpunkt erwarb 1932 das Motorrettungsboot LOTSENKOMMANDEUR LAARMANN.

Das Boot wurde 1930 gebaut.

Sein Motor verfügte über eine Leistung von etwa 15 Kilowatt. Er beschleunigte das Boot auf eine Geschwindigkeit von etwa 13 Kilometer pro Stunde.

Das Boot wurde von 1930 bis 1932 in Neuharlingersiel eingesetzt.

Es wurde nach dem Zweiten Weltkrieg (1939 bis 1945) außer Dienst gestellt.

Rettungsschuppen Friedrichsschleuse – Südwestliche Ansicht – 2023

Die Station wurde nach dem Zweiten Weltkrieg ebenfalls geschlossen.

Der Rettungsschuppen diente zunächst als Zufluchtsort für durch den Krieg wohnungslos gewordene Flüchtlinge. Er wurde später als Lagerhalle und Scheune genutzt.

Heute beherbergt der Rettungsschuppen das Deutsche Normalrettungsboot GENERALPOSTMEISTER, eines von noch sieben erhaltenen Normalrettungsbooten.

Das Boot wurde 1926 von der Werft Havighorst in Rönnebeck gebaut.

Es hat eine Länge von etwa 8,5 Meter und eine Breite von etwa 2,6 Meter. Es hat ein Gewicht von etwa 1,5 Tonnen, das zu einem Tiefgang von etwa 35 Zentimeter führt.

Das Boot wurde bis 1943 in Stolpmünde, dem heutigen Ustka, eingesetzt. Es gelangte nach dem Zweiten Weltkrieg nach Langeoog, um für den Transport von Kühen eingesetzt zu werden. Das Boot wurde 1952 zu dem Segelkutter INSA umgebaut, bevor es später in ein überdecktes Motorboot umfunktioniert wurde. Erst 2002 gelangte das Boot an das Sielhafenmuseum Carolinensiel, das es wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzte.

Anlässlich der 1984 erfolgten Gründung des Sielhafenmuseums Carolinensiel übertrug Justus Janssen den Rettungsschuppen im Rahmen einer Schenkung auf die Stadt Wittmund, die ihn wiederum dem Museum zur Verfügung stellte. Seit dem 20. März 2005 unterhält das Sielhafenmuseum Carolinensiel in dem Gebäude eine Dauerausstellung zur Geschichte des Rettungswesens an der Nordseeküste, deren herausragendes Exponat des Deutsche Normalrettungsboot ist.