Im 16. Jahrhundert bildete die Nordsee zwischen Neuharlingersiel und Minsen eine nach Süden reichende Bucht. Über eine Breite von etwa 15 Kilometer erstreckte sich die Harlebucht auf der Linie Neuharlingersiel – Werdum – Berdum – Mederns – Minsen bis zu etwa 8 Kilometer ins Landesinnere.
Um ihre Territorien zu erweitern, begannen die westliche Grafschaft Ostfriesland und die östliche Herrschaft Jever ab 1545 mit der Eindeichung der Harlebucht, aus der bis 1895 fruchtbares Marschland gewonnen wurde. Nachdem es zunächst einige Streitigkeiten über die Rechte an dem gewonnenen Neuland gegeben hatte, schlossen Reichsfürstin Christine Charlotte von Ostfriesland (*1645 bis 1699) und der als Herr von Jever eingesetzte Reichsgraf Anton Günther von Oldenburg (1603 bis 1667) am 22. Dezember 1666 einen Vertrag, in dem sie die Grenze zwischen der Grafschaft Ostfriesland und der Herrschaft Jever festlegten. Der Vereinbarung liegt eine Seekarte zu Grunde, in der der Ingenieur Johan van den Honert (*1636 bis 1721) für die Grafschaft Ostfriesland und der Ingenieur Falke für die Herrschaft Jever eine gerade verlaufende Grenzlinie einzeichneten.

Als südlichen Ausgangspunkt der Grenze bestimmten van den Honert und Falke den ostfriesisch-jeverschen Grenzpfahl, der auf dem 1658 zwischen Neufunnixsiel und Neugarmssiel erbauten Deich aufgestellt worden war. An der Stelle, an der sich der Grenzpfahl befand, wurde unter der preußischen Herrschaft, die in der Grafschaft Ostfriesland von 1744 bis 1815 sowie von 1871 bis 1918 andauerte, ein Grenzstein gesetzt. Heute erinnert in Carolinensiel der Name der Straße zwischen Neufunnixsiel und Neugarmssiel, die etwa 10 Meter nördlich des Grenzzeichens verläuft, an den geschichtsträchtigen Ort: Pfahldeich!

Der Grenzstein zeigt an seiner westlichen Seite ein „P“, das für Preußen steht. Er ist an seiner östlichen Seite mit einem „O“ versehen, das auf Oldenburg hinweist.

Zur Bestimmung des nördlichen Zielpunkts wählten van den Honert und Falke die Stelle in der Nordsee, die genau zwischen den von ihnen im Osten von Spiekeroog und im Westen von Wangerooge errichteten Baken gelegen war. Mit der Peilung setzten sie die Trennlinie zwischen dem ostfriesischen Spiekeroog und dem jeverschen Wangerooge auf dem Festland fort.
Die Grenzlinie soll mit goldener Tinte in die Seekarte eingetragen worden sein.
Nach dem Wortlaut des Grenzvertrags, dem die mit der Goldenen Linie versehene Seekarte zu Grunde liegt, sollte die „Scheitlinie“ zwar „von nun an und fürters zu ewigen Tagen … gehalten und geachtet werden“. Gleichwohl dauerte der Grenzstreit zwischen der Grafschaft Ostfriesland und der Herrschaft Jever noch etwa achtzig Jahre an, da die Grafschaft Ostfriesland die in der Seekarte vermerkte Peillinie vom Grenzpfahl des Deichs zum Kirchturm auf Wangerooge nach altem Herkommen als Grenzlinie ansah. Entlang dieser Peillinie war auch der 1658 gewonnene Enno-Ludwigs-Groden zwischen den Territorien aufgeteilt worden. Bis in die Herrschaftszeit des Reichsfürsten Carl Edzard von Ostfriesland, des Grafen von Ostfriesland (1934 bis 1744), forderte die Grafschaft Ostfriesland eine entsprechende Verschiebung der Grenze nach Osten, die ihr aber von der Herrschaft Jever versagt wurde. Erst 1743 erkannte Carl Edzard die Goldene Linie nach der Zahlung von 11.000 Reichsthaler endgültig als Grenze zwischen der Grafschaft Ostfriesland und der Herrschaft Jever an.
Die Seekarte erstellten van den Honert und Falke mit einer solchen Präzision, dass sie noch heute wertvolle Erkenntnisse über die Veränderung des Küstenverlaufs und die Lage der Inseln ermöglicht. Obwohl Spiekeroog und Wangerooge in den nahezu vier Jahrhunderten seit der Erstellung der Seekarte durch die Meeresströmungen immer weiter nach Osten verlagert wurden, kann der Verlauf der Goldenen Linie noch genau rekonstruiert werden. Eine in der Seekarte über die Dünen von Wangerooge verlaufende Hilfslinie, die an ihrem unteren Anfang und ihrem oberen Ende mit einer Lilie versehen ist, bezeichnet die „Noordt“richtung. Sie ist mit einem Vermerk versehen, dass die Goldene Linie in westlicher Richtung um „20 graden“ von der Nordrichtung abweicht.
Die Goldene Linie verläuft heute über den östlichen Teil von Spiekeroog.
Sie trennt bis heute die Landkreise Wittmund und Friesland.

In den Belag des Parkplatzes, der im Hafengelände von Harlesiel südlich der Hafengebäude angelegt ist, ist heute eine metallene Intarsie eingelassen, die den Verlauf der Goldenen Linie markiert.
Am westlichen Ortsausgang der Häuptlingsstraße in Middoge erinnert heute eine Grenzstation an die durch die Goldene Linie bestimmte Grenze zwischen der Grafschaft Ostfriesland und der Herrschaft Jever. Das blau-weiße Grenzhäuschen wird von einer blau-weißen Schranke begleitet, die allerdings niemals geschlossen wird.
