Helgoland – Auf den Spuren seiner Geschichte

Die Region um die heutige Inselgruppe Helgoland, die erst etwa 9600 bis 5500 v. Chr. vom Festland getrennt wurde, war bereits seit etwa 13700 v. Chr. von Menschen besiedelt. Im Siedlungsgebiet der Hamburger Kultur und der Ahrensburger Kultur wurden Steinwerkzeuge aufgefunden, die aus Helgoländer Feuerstein gefertigt waren.

Die Insel Helgoland selbst ist seit der Jungsteinzeit (5000 bis 2000 v. Chr.) bewohnt. Mit dem Übergang von der nomadischen zur sesshaften Lebensweise entwickelten die Menschen auch Plankenboote, mit denen sie bei gutem Wetter den Verkehr zwischen der Insel und dem Festland bewirken konnten. Sie bauten auf Helgoland ein montan-wirtschaftliches Zentrum auf, das den Helgoländer Feuerstein bis zu etwa 300 Kilometer auf dem Festland vertrieb; er diente insbesondere der Fertigung von Sicheln, Beilen, Dolchen und Lanzenspitzen.

Die auf Helgoland lebenden Friesen huldigten bis zum Ende des 8. Jahrhundert dem nordischen Gott Fosite (Recht und Gesetz).

Zunächst hatte der Heilige Willibrord, der Bischof von Utrecht (695 bis 739), zwar von 690 bis 714 vergeblich versucht, die Inselbewohner zu missionieren. Sodann gelang es aber dem Heiligen Liudger, dem Bischof von Münster (805 bis 809), die helgoländische Bevölkerung vom katholischen Glauben zu überzeugen; so weihte er um 791 den Häuptlingssohn Landicius zum Priester.

Während Helgoland seit dem 12. Jahrhundert zunächst dem Königreich Dänemark unterstand, wurde es im 14. Jahrhundert dem Herzogtum Schleswig-Holstein-Gottorf übertragen. Nachdem das Vereinigte Königreich Großbritannien und Irland die Inselgruppe während der Koalitionskriege (1792 bis 1815), die gegen das (Erste) Französische Kaiserreich geführt wurden, bereits 1807 besetzt hatte, wurde sie während des Wiener Kongresses (1814/15) endgültig dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Irland zugeschlagen.

Nachdem der Bootsbauer Jacob Andresen Siemens (*1794 bis 1848) ab 1826 das Seebad Helgoland ausbaute, zog die Insel schnell zahlreiche Intellektuelle an, die in der reizlosen Seeluft ihren Sommerurlaub verbrachten. So reiste der Verleger Julius Campe (*1792 bis 1867) regelmäßig nach Helgoland, dem der Schriftsteller Heinrich Heine (*1797 bis 1856) und der Dichter August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (*1798 bis 1874) folgten; Hoffmann von Fallersleben dichtete 1841 das Lied der Deutschen auf Helgoland.

Das Deutsche Reich und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Irland regelten 1890 mit dem Helgoland-Sansibar-Vertrag ihre Gebiets- und Hoheitsansprüche in den afrikanischen Kolonien. Das Deutsche Reich beabsichtigte mit dem Erwerb der in der Nordsee gelegenen Inselgruppe ihre Pläne zur Begründung einer deutschen Seemacht voranzutreiben, sodass Helgoland und Düne an das Königreich Preußen fielen. Die Bezeichnung „Helgoland-Sansibar-Vertrag“ erweckt zwar den Eindruck, als ob die beiden Inseln getauscht worden seien. Tatsächlich jedoch fand eine umfassende Abgrenzung der deutschen und britischen Einflusssphären in Afrika statt; Sansibar gehörte niemals zum Kolonialgebiet des Deutschen Reichs.

Helgoländer Flagge – Grün ist das Land, rot ist die Kant, weiß ist das Meer! – 2014

Sofort baute das Deutsche Reich die Inselgruppe Helgoland zu einem Marienstützpunkt aus, um insbesondere den wirtschaftlich und strategisch bedeutsamen Kaiser-Wilhelm-Kanal, den heutigen Nord-Ostsee-Kanal, zu schützen. Auf Helgoland wurden immer größere Flächen zur Errichtung einer Seefestung verwandt, sodass sich das Leben der Helgoländer den beschränkten Bedingungen anpassen musste.

Die Helgoländer wurden zu Beginn des Ersten Weltkriegs (1914 bis 1918) evakuiert.

Das erste Seegefecht bei Helgoland fand 1914 statt. Das zweite Seegefecht bei Helgoland wurde 1917 ausgetragen.

Die militärischen Anlagen auf der Inselgruppe Helgoland wurden nach 1918 zwar zunächst zurückgebaut. Sie wurden aber ab 1935 im Zuge der Aufrüstung der Kriegsmarine durch das nationalsozialistische Regime wieder ertüchtigt.

Helgoland wurde mit Bunkersystemen und Artilleriebatterien ausgerüstet, die bis zu einem Kaliber von 30,5 Zentimeter reichten und die gesamte Deutsche Bucht beschießen konnten. Es wurde mit dem U-Boot-Bunker Nordsee III versehen, der allerdings nur von Januar 1942 bis März 1942 von U-Booten benutzt wurde. Düne wurde mit einem Flughafen ausgerüstet, der von April 1943 bis Oktober 1943 die Jagdstaffel Helgoland beherbergte; diese war mit einer für Flugzeugträger entwickelten Version des Jagdflugzeugs Messerschmitt Bf 109 ausgerüstet. Helgoland sollte mit einem riesigen Hafen versehen werden, dessen Errichtung von 1938 bis 1941 im Rahmen des Projektes Hummerschere vorangetrieben wurde; vollendet wurde der Hafen jedoch nie.

Zunächst war Helgoland während des Zweiten Weltkriegs (1939 bis 1945) nur selten von Bombenangriffen der britischen und amerikanischen Luftwaffe betroffen. Mit der technischen Fortentwicklung der militärischen Luftfahrt hatten im Meer gelegene Inseln immer mehr an strategischer Bedeutung verloren. Erst in den Nächten des 18. und 19. April 1945 wurde die Inselgruppe Helgoland von etwa eintausend Bombern angegriffen, die innerhalb von etwa einhundert Minuten mehr als siebentausend Bomben abwarfen. Die Inselbewohner überlebten das Inferno zwar in den weitläufigen Bunkeranlagen, doch war Helgoland nach dem Bombardement derartig zerstört, dass es evakuiert werden musste.

Die Herrschaft über die Inselgruppe Helgoland wurde mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs vom Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland übernommen.

Um die militärischen Anlagen auf Helgoland zu zerstören, führten die Briten am 18. April 1947 die größte nicht-nukleare Explosion durch, die jeweils von Menschen ausgelöst worden ist. Für die Operation Big Bang verbrachte die britische Marine etwa 6.700 Tonnen Sprengstoff in die Militär- und Bunkeranlagen; dabei handelte es sich um etwa viertausend Torpedoköpfe, etwa neuntausend Wasserbomben und etwa einundneunzigtausend Granaten. Die Rauchwolke der Sprengung stieg nicht nur etwa 9 Kilometer in die Höhe, vielmehr war die Explosion auch in Cuxhaven noch zu spüren. Obwohl die Sprengung die gesamte Insel hätte zerstören können, wurde nur die südliche Spitze von Helgoland abgetrennt, deren Schutt das heutige Mittelland bildet. Mit der Zerstörung der Militäranlagen ist nicht nur deren weitere Verwendung unmöglich gemacht worden, vielmehr ist eine Erforschung der vom nationalsozialistischen Regime vorgenommenen Baumaßnahmen ebenfalls vereitelt worden. So sind bis heute die Größe, die Art und der Zweck des im Süden von Helgoland liegenden Komplexes, der mit einem Durchmesser von etwa 100 Meter den größten Sprengungskrater hinterlassen hat, völlig unklar.

Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland erklärte die Inselgruppe Helgoland nach dem Big Bang zum militärischen Speergebiet. Es nutzte die Inseln als Bombenabwurfplatz, sodass die britischen Flugzeugbesatzungen die Inseln als Hell-go-land (Land, das zur Hölle geht) bezeichneten.

Die nach wie vor evakuierten Helgoländer versuchten zwar seit 1948 durch Eingaben bei den Vereinten Nationen, bei Papst Pius XII (1939 bis 1958), beim britischen Unterhaus und bei der deutschen Bundesregierung die weitere Zerstörung der Inselgruppe Helgoland zu verhindern. Doch erst die 1950 von den Studenten René Leudesdorff (*1928 bis 2012) und Georg von Hatzfeld (*1929 bis 2000) vorgenommene Besetzung der Insel, bei der sie auf Helgoland die deutsche und die helgoländische Flagge sowie die Flagge der europäischen Bewegung hissten, löste eine öffentliche Diskussion aus. Nachdem der deutsche Bundestag die Freigabe der Inselgruppe Helgoland durch das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland gefordert hatte, wurde sie am 1. März 1952 wieder an die Bundesrepublik Deutschland zurückgegeben; bis heute ist der 1. März auf Helgoland ein Feiertag.