Vom 13. bis zum 19. Jahrhundert wurde Mallorca mehrfach von der Pestilenz heimgesucht: 1230, 1348, 1362, 1375, 1434, 1494, 1522, 1652 und 1820.
Die Pest ist eine hochgradig ansteckende Infektionskrankheit, die insbesondere durch das erst 1894 entdeckte Bakterium Yersinia pestis hervorgerufen wird. Sie kann durch den Biss von befallenen Tieren, den Kontakt mit Körperflüssigkeiten von infizierten Tieren oder Menschen sowie das Einatmen von Sekrettröpfen von verseuchten Tieren oder Menschen übertragen werden. Die Pest wird zumeist von Flöhen verbreitet, die mit dem Bakterium belastetes Blut einsaugen. Das eingesaugte Blut führt nach einigen Tagen zu Verklumpungen im Vormagen, die den Flöhen eine erhöhte Anstrengung beim weiteren Saugen abverlangen. Der gesteigerte Kraftaufwand wiederum bewirkt eine Erweiterung der Speiseröhre, durch die mit dem Bakterium infiziertes Blut wieder aus dem Vormagen herausfließt. Zwar werden die Flöhe zumeist von Ratten transportiert, doch sind inzwischen mehr als zweihundert Säugetierarten als Wirtstiere identifiziert worden. Die Pest kann heute zwar gut mit Antibiotika, die ab 1928 entwickelt wurden, behandelt werden, sofern sie frühzeitig diagnostiziert wird. Sie erreichte zuvor aber eine Sterblichkeit, der bis zu 75 Prozent der mit dem Bakterium infizierten Menschen zum Opfer fielen.
Der Pestilenz, die 1348 auf Mallorca wütete, fiel nahezu ein Fünftel der Bevölkerung zum Opfer.
Die palmesans und palmesanes konnten der Pest, die ab 1522 in Palma aufgetreten war, keine wirksamen Mittel entgegensetzen. So tobte die Seuche über viele Monate in der Stadt, ohne dass sie abebbte.
Nachdem sich das Osmanische Reich am 26. Juni 1522 gegen das von den Johannitern beherrschte Rhodos gewandt und die Insel am 1. Januar 1523 übernommen hatte, schaffte der Mönch Emmanuel Suriavisqui das auf Rhodos verwahrte Fragment eines Arms des Sant Sebastià Màrtir (bis um 288) fort. Als Schutzpatron gegen die Pest war Sebastià bereits seit 680 verehrt worden, da die zu dieser Zeit in Rom grassierende Epidemie auf seine Fürbitte geendet haben soll.
Mit der Reliquie traf Suriavisqui im September 1523 in Palma ein, das er eigentlich schon bald wieder mit einem Schiff verlassen wollte. Alle Versuche, aus dem Hafen auszulaufen, schlugen jedoch fehl, was die palmesans und palmesanes als ein Zeichen Sebastiàs deuteten, dauerhaft in Palma verbleiben zu wollen. Nachdem das Gebein in der catedral (Kathedrale) de Santa Maria seine Ruhe gefunden hatte, verschwand die Pest schon bald aus der Stadt.
Mit dem Dia (Tag) de Sant Sebastià Màrtir gedenkt Palma bis heute am 20. Januar seinem Schutzpatron, zu dessen Ehren bereits in der Nacht vom 19. auf den 20. Januar mit dem revetlla (Vorabend) ausgelassen musiziert, getanzt und gefeiert wird. Seit 2025 bindet die Stadt mit dem Dia de la Pesta auch ein Gedenken an die Pestilenz von 1522/23 in die Feierlichkeiten ein, der am Samstag vor dem revetlla stattfindet, sofern mehr als drei Tage zwischen den beiden Terminen liegen.
Obwohl auf Mallorca bekannt war, dass Katalonien in der Mitte des 17. Jahrhunderts unter der Pest litt, durften katalanische Schiffe weiterhin auf den Balearischen Inseln anlegen. Der Erreger und die Infektionskette der Krankheit waren nicht bekannt, vielmehr schrieb man die Seuche weiterhin den Sünden der Menschen zu, die Gott missbilligte und bestrafte. Mit dem mallorquinischen Vizekönig Lorenzo Martínez de Marcilla (1651 bis 1657) hatte das (Erste) Königreich Spanien zwar einen Vertreter eingesetzt, doch war eine inselweite Verwaltung, die einheitliche Schutzmaßnahmen auf Mallorca hätte anordnen und umsetzen können, nicht eingerichtet. Im Februar 1652 lief ein aus Katalonien stammendes Handelsschiff im Hafen von Port de Sóller ein, das nicht nur Waren auf die Insel verbrachte, sondern auch Ratten, deren Flöhe mit dem die Pest auslösenden Bakterium infiziert waren.
Nachdem die ersten sollerics und solleriques erkrankt waren, breitete sich die Pestilenz nahezu ungehindert über große Teile der Insel aus. Die Epidemie erreichte zunächst Inca, das bereits im 17. Jahrhundert recht dicht besiedelt war, bevor sie sich sodann auf Palma ausweitete.
Der Schriftsteller Joaquín María Bover de Rosselló (*1810 bis 1865) gibt an, dass 15.685 Menschen an der Pest gestorben seien, davon 1.064 Menschen in Sóller, 3.741 Menschen in Inca und 8.310 Menschen in Palma. Er führt aus, dass allein der Osten und der Südosten der Insel verschont geblieben seien. Der Schriftsteller Álvaro Campaner Fuertes (*1834 bis 1894) verweist darauf, dass 20.404 Menschen verschieden seien, davon 15.424 in Palma.
Die mallorquinische Bevölkerung, die auf etwa 100.000 Menschen geschätzt wird, war der Pest hilflos ausgeliefert.
Die Ernten vor der Epidemie waren schlecht ausgefallen, sodass viele Menschen unterernährt und anfällig waren. Die „medizinische“ Versorgung, die von Unkenntnis und Mittellosigkeit geprägt war, war nicht nur vollkommen unzureichend, sondern wurde mit dem Fortschreiten der Epidemie auch vollständig untersagt.
Nachdem die Obrigkeiten die von der Pest ausgehende Gefahr erkannt hatten, führten sie strenge und gnadenlose Schutzmaßnahmen ein, die insbesondere auf die Verringerung der sozialen Kontakte und die Abschottung der erkrankten Menschen gerichtet waren: Die infizierten Menschen wurden nicht nur in ihren Unterkünften unter Quarantäne gestellt. Vielmehr wurden sie auch eingesperrt, indem die Schlösser ausgetauscht und abgeschlossen wurden. Die Häuser, in denen an der Pest erkrankte Menschen gelebt hatten, wurden niedergebrannt. Die Menschen, die sich ohne Erlaubnis um die Versorgung von infizierten Menschen kümmerten oder sich den Besitz von erkrankten Menschen aneigneten, wurden zur Abschreckung zum Tode verurteilt.
Die Menschen, die sich infiziert hatte, sahen nahezu sicher dem Tod entgegen. An manchen Tagen starben in Inca und Palma jeweils mehr als 200 Menschen.
Die große Zahl der Toten brachte das Bestattungswesen an seine Grenzen.
Die Kontagiosität und die Infektiosität des die Pest verursachenden Bakteriums ließen auch die Bestatter früher oder später erkranken, sodass sich niemand mehr um die Verstorbenen kümmern wollte. Um das Bestattungswesen aufrecht zu erhalten und die zahlreichen Toten zu beerdigen, wurden „lukrative“ Angebote geschaffen: Den Menschen, die zur Durchführung der Bestattungen bereit waren, wurden außerordentlich hohe Löhne gezahlt. Den in den Zuchthäusern einsitzenden Gefangenen wurden Haftverkürzungen gewährt, wenn sie bei den Bestattungen halfen; für jeden Arbeitstag als Bestatter verkürzte sich die Gefängnisstrafe um einen Monat!
Im Mai 1820 soll ein aus Nordafrika angereistes Schiff, das auch die Pest an Bord gehabt haben soll, in einen mallorquinischen Hafen eingelaufen sein. Ein von dem Schiff stammender Umhang soll in den Besitz eines Hirten gelangt sein, der mit dem verseuchten Umhang nach Son Servera gewandert sein soll. Nachdem die von dem Hirten eingetragene Krankheit in dem Ort ausgebrochen sein soll, soll sich die Pest schnell über den Inselosten ausgebreitet haben.
Diese Legende hat sich über die Grenzen von Son Servera hinaus bis heute nicht nur weit verbreitet. Sie wird vielmehr auch durch das in dem Ort errichtete monument des Pastoret bis heute aufrechterhalten.
Nach der Historikerin Isabel Moll i Blanes (*1938) dürfte die pesta (Pest) de Llevant tatsächlich über eine Schmuggelroute nach Mallorca gekommen sein, wahrscheinlich mit einem Schiff, das vor der Küste von Son Servera geankert und Schmuggelwaren aus Nordafrika transportiert hatte. Unter den Schmuggelwaren dürften sich nach Moll auch mit dem die Pest verursachenden Bakterium infizierte Wachsrollen befunden haben, die in Son Servera wahrscheinlich insbesondere von den Frauen und Kindern benutzt worden seien.
Nachdem die Pestilenz am 9. und 15. Mai 1820 in Son Servera aufgetreten war, stellten der in Son Servera und der in Artà lebende Arzt unterschiedliche Diagnosen. Während der serverí von einem Pestausbruch ausging, vermutete der artanenc einen anderen Krankheitshintergrund. Erst nachdem die Epidemie am 24. Mai 1820 auch Artà erreicht hatte, wurde der mallorquinische Kapitän-General Antonio María Peón y Heredia (1820/21) unterrichtet, der am 27. Mai 1820 nicht nur die beiden Orte, sondern die gesamte mallorquinische Ostküste zum Quarantänegebiet erklärte: Die Menschen in der Sperrzone durften ihre Dörfer nicht mehr verlassen. Die Menschen außerhalb des Sperrgebiets durften nicht mehr in die Quarantänezone einreisen. Der Schiffsverkehr und der Warenhandel wurden in der gesamten Region untersagt. Gleichwohl zog die Pest nach Sant Llorenç des Cardassar, wo Anfang Juni 1820 die ersten an der Krankheit leidendenden Menschen auftraten. Zwar stellte Moll fest, dass „ab dem 13. Juni 1820 … die Koordination der Ärzte vor Ort und der Verwaltung reibungslos“ funktionierte, doch trat die Seuche am 20. Juni 1820 auch in Capdepera auf. Nach Moll erkannte die Obrigkeit, „dass es vor allem wichtig war, die Infizierten von der gesunden Bevölkerung zu trennen“, sodass die Dörfer geräumt wurden, um ihre Bewohner in unterschiedlichen Gruppen zu isolieren: Die serverins und serverines wurden in drei Lager aufgeteilt, die für die von der Pest infizierten, die von anderen Erkrankungen betroffenen und die gesunden Menschen eingerichtet worden waren. Der Ort der Lager ist heute zwar nicht mehr bekannt, sie sollen nach Moll aber „höher gelegen und gut belüftet“ gewesen sein. Die artanencs und artanenques wurden ebenfalls abgesondert, indem die von der Pest betroffenen Menschen im castell (Kastell) de s’Almudaina d’Artà und im monestir (Kloster) de Santa Maria de Bellpuig separiert wurden; nach dem Ende der Seuche wurden die Gebäude des castell de s’Almudaina d’Artà niedergebrannt! Auch außerhalb des Quarantänegebiets wurde die Freizügigkeit zuweilen eingeschränkt, so berichtet Moll, dass „Bewohner, die etwa von Campos nach Llucmajor fahren wollten, … sich einen Nachweis ausstellen lassen (mussten), dass sie gesund sind“. Der Verlauf der Epidemie wurde in täglichen Berichten an Péon gemeldet, der ihre Inhalte sodann in Aushängen und Zeitungen veröffentlichen ließ, um die Bevölkerung der Insel informiert zu halten.
Die Verbote wurden nicht nur von der Polizei und vom Militär streng überwacht, vielmehr wurden Verstöße auch schwer bestraft, bis hin zur Todesstrafe! Zwar hielt sich der Großteil der Bevölkerung an die angeordneten Beschränkungen, doch zeigt der erhaltene Brief eines Vaters an seinen Sohn namens Toniet, der immer wieder seine Freundin namens Antonieta Barrurfau besuchte, auch den Unmut und die Uneinsichtigkeit: „Bist du von Sinnen? …. Weißt du nicht, dass dir die Guardia Civil, wenn sie dich erwischt, mehr als eine Ohrfeige langen und dich ins Gefängnis werfen wird? …. Wenn du noch einmal hinausgehst, erkläre ich dich zum Bastard und enterbe dich.“.
Da der letzte Ausbruch der Pest auf Mallorca etwa einhundertsiebzig Jahre zurücklag, richtete man die eingeleiteten Schutzmaßnahmen an den Erfahrungen aus, die während der Epidemie von 1720 in Nordafrika, insbesondere im heutigen Ägypten und Tunesien, gesammelt worden waren. Als Orientierung dienten insbesondere Schriften, die zu jener Zeit von französischen Ärzten verfasst worden waren.
Ab Oktober 1820 wurden alle möglichen Infektionsherde bekämpft, die nach den unterschiedlichen Theorien als mögliche Ursachen der Pest in Betracht kamen. Die Kleidung wurde verbrannt, die Haustiere, insbesondere Hunde und Katzen, wurden getötet und die Gebäude wurden durchlüftet. Die Friedhöfe wurden von den Dorfzentren an die Ortsränder verlegt. Nachdem die Epidemie am 31. Januar 1821 als überwunden erklärt worden war, kehrten am 1. Februar 1821 etwa 640 serverins und serverines nach Son Servera zurück; etwa 1.000 Einwohner waren an der Pest verstorben!
Son Servera gedenkt bis heute am 1. Februar anlässlich des Dia de Sant Ignasi d’Antioquia (bis 2. Jahrhundert) dem Sieg über die Pest.
Die pesta de Llevant forderte insgesamt etwa 2.100 Todesopfer.