Gerade erst geboren! Mallorca vor dem Hintergrund der geologischen Erdgeschichte

Vor etwa 4.570 Millionen Jahren begann sich die Erde aus einer Gaswolke zu entwickeln, in der sich die vorhandene Materie zu immer größeren Körpern verband. Schon vor etwa 4.533 Millionen Jahren hatten sich auch zwei Protoplaneten gebildet: Die Gaia hatte eine Masse von etwa 90 Prozent der heutigen Erde angesammelt. Die Theia hatte mit einem Durchmesser von etwa 6.800 Kilometer das Ausmaß des heutigen Mars erreicht. Auf sich überschneidenden Umlaufbahnen um die Sonne näherten sich die beiden Protoplaneten einander stetig an, sodass die Gaia und die Theia schließlich in einer streifenden Kollision aufeinanderprallten. Aus dem kosmischen Inferno ging die heutige Erde hervor, die sich als eine weißglühende Höllenkugel präsentierte. Sie war nicht der blaue Planet, der uns heute mit seiner Schönheit verzückt, sondern während des gesamten Hadaikums (4600 bis 4000 mya) ohne jede feste Oberfläche vollständig mit zähflüssigem Magma bedeckt.

Erst während des Archaikums (4000 bis 2500 mya) sank die Temperatur auf der Erde unter 100 Grad Celsius. Mit den fallenden Temperaturen verfestigte sich das Magma zwar derartig, dass es die den Oberen Erdmantel umspannende feste Erdkruste bildete. Es formte aber keine gleichmäßige und geschlossene Schale, sondern nicht miteinander verbundene Lithosphärenplatten, die wie eine Ansammlung von Seerosen auf dem Oberen Erdmantel schwimmen. Ohne dass die Kraftquellen der Kontinentaldrift bislang geklärt sind, verschieben sich die tektonischen Platten bis heute fortlaufend gegeneinander.

Nach wechselhaften Zeiten, in denen sich die auf der Erde vorhandenen Landmassen miteinander verbunden und wieder voneinander getrennt hatten, war im Karbon (358,9 bis 298,9 mya) durch die Verbindung des nördlichen Großkontinents Laurussia und des südlichen Großkontinents Gondwana der Superkontinent Pangaea entstanden, in dem sich alle heutigen Kontinente vereinigt hatten. Trotz seiner gewaltigen Masse beendete Pangaea die Bewegung der Lithosphärenplatten nicht, vielmehr driftete der Teilkontinent Laurasia weiterhin im Uhrzeigersinn nach Südwesten, während Gondwana fortlaufend gegen den Uhrzeigersinn nach Nordosten glitt. Die gegenläufigen Bewegungen eröffneten bis zur Trias (252,2 bis 201,3 mya) zwischen der nordöstlichen und der südöstlichen Küste Pangaeas zunächst eine ausgedehnte Bucht: Die Tethys, die über die Jahrmillionen immer weiter in den Superkontinent hineinragte. Sie führten sodann im Jura (201,3 bis 145 mya) zur vollständigen Trennung von Laurasia und Gondwana, zwischen deren Landmassen fortan ein Meer lag: Die Paratethys reichte im Paläogen (66 bis 23,03 mya) und im Neogen (23,03 bis 2.588 mya) vom heutigen Frankreich bis zum heutigen Kasachstan. Die weiterhin entgegengesetzten Wanderungen von Laurasia und Gondwana, dessen westliche Seite sich langsamer bewegte als dessen östlicher Teil, führten zur Teilung der Paratethys. Mit der durch die Rotationsbewegung hervorgerufenen vollständigen Schließung der östlichen Meerenge im Eggenburgium (20,8 bis 18,3 mya) bildeten sich schließlich das heutige Mittelmeer und der heutige Indische Ozean.

Entlang der Kollisionslinie zwischen der heutigen Eurasischen Platte, auf der Laurasia lag, und der heutigen Afrikanischen Platte, von der Gondwana getragen wurde, kam es von der Kreide (145 bis 66 mya) bis zum Miozän (23,03 bis 5,333 mya) im Rahmen der Alpidischen Orogenese zu einer globalen und massiven Gebirgsbildung. Während dieser Phase türmte sich nicht nur der Alpidische Gebirgsgürtel auf, der von der heutigen afrikanischen Westküste bis zum heutigen Malaysia (Altas, Pyrenäen, Alpen, Apenninen, Kaukasus, Hindukusch, Himalaya) reicht. Vielmehr entstand in dieser Zeitspanne auch die Betische Kordillere, die sich im heutigen Spanien von Cádiz bis Valencia erstreckt und im heutigen Mittelmeer über eine Verlaufslinie mit den heutigen Balearischen Inseln verbunden ist.

Entlang der Verlaufslinie findet sich im Mittelmeer ein unterhalb der Wasseroberfläche gelegenes Gebirge, durch dessen Gipfel die Balearen gebildet werden. Obwohl gerade die serra de Tramuntana mit dem puig Major bis zu etwa 1.445 Meter aus dem Meer aufsteigt, werden die gewaltigen Dimensionen des Gebirges erst durch einen Blick unter die Meeresoberfläche sichtbar. Unterhalb der Wasseroberfläche erstreckt sich eine Hochebene, die den Balearischen Inseln als Sockel dient. Zwischen Ibiza, Formentera, Mallorca und Menorca führt die Hochebene nur zu einer Meerestiefe von bis zu etwa 150 Meter, während sie an ihren Rändern nahezu senkrecht zu einer Meerestiefe von bis zu etwa 3.000 Meter abfällt.

Vom Albium (112,9 bis 100,5 mya) bis zum Cenomanium (100,5 bis 93,9 mya) wirkte der Druck der aufeinanderstoßenden Lithosphärenplatten derartig stark auf das heutige Mallorca, dass sich seine Fläche um etwa 55 Prozent verringerte. Bis heute sind die auf die Insel einwirkenden Kräfte an vielen Orten zu erkennen, da die ursprünglich horizontalen Gesteinsschichten zu diagonalen Felsformationen verschoben worden sind. Als Ergebnis des Zusammenpressens ergibt sich das heutige Relief der Insel, das durch das Gebirge im Westen und das Flachland im Osten geprägt ist.

Diagonale Felsformation – Cala Rajada – Passeig de les Àmfores – 2019

Im Paläogen stiegen die Temperaturen auf der gesamten Erde zunächst an, sodass sich die Meere durch das Abschmelzen der vorhandenen Eismassen erheblich ausdehnten. Der Anstieg des Meeresspiegels bewirkte auch eine ständige Überflutung des heutigen Mallorcas, das sich noch im Neogen nur mit seinen Gebirgszonen über die Meeresoberfläche erhob. Die Überflutung wurde im Messinium (7,246 bis 5,333 mya) zwar für einige Jahrtausende unterbrochen, da eine Schließung der heutigen Straße von Gibraltar, eine vollständige Austrocknung des heutigen Mittelmeeres verursacht hatte. Der heutige Atlantik füllte das vorhandene Becken jedoch wieder vollständig auf, nachdem er an der heutigen Straße von Gibraltar wieder eine Verbindung zum heutigen Mittelmeer hatte. Das Flachland des heutigen Mallorcas wurde bis ins Quartär (2,588 bis 0 mya) erneut dauerhaft überflutet.

Mit dem Oligozän (33,9 bis 23,3 mya) begannen die Temperaturen auf der gesamten Erde sodann wieder zu sinken. Nachdem sich im Oligozän bereits die ersten Eisfelder in der heutigen Antarktis gebildet hatten, entstand nach einem weiteren deutlichen Abfall der Temperaturen im Gelasium (2,588 bis 1,806 mya) auch die Eiskappe der heutigen Arktis. Mit der großflächigen Vereisung zogen sich die Meere erheblich zurück, sodass das heutige Mallorca sich fortan nicht nur mit seinen Gebirgen über die Wasseroberfläche erhob, sondern auch sein Flachland nicht weiter vom Meer überspült wurde. Während der mehrfachen Eiszeiten im Pleistozän (2,588 bis 0,0117 mya) hob und senkte sich der Meeresspiegel allerdings mehrfach um bis zu etwa 100 Meter, sodass die Insel im Vergleich zu ihrer heutigen Ausdehnung zeitweise eine wesentlich größere Fläche umfasste; das heutige Mallorca bildete vor etwa 2 Millionen Jahren vorübergehend sogar mit dem heutigen Menorca eine einheitliche Insel.

Das weiter nach Nordwesten wandernde Afrika wird den Mittelmeerraum in der Zukunft so lange umgestalten, bis sich am heutigen Ort des Mittelmeers eine Gebirgskette erheben wird. Die Entwicklung wird bei einer jährlichen Kollisionsgeschwindigkeit von etwa 5 Millimeter allerdings erst in etwa 80 Millionen Jahren abgeschlossen sein.