Basilique du Sacré-Cœur de Montmartre – Eine Häufung bedeutungsloser Baukörper?

Auf dem Gipfel des butte Montmartre in Paris thront die basilique du Sacré-Cœur de Montmartre (Basilika vom Heiligsten Herzen vom Montmartre) (48.886809 N, 2.343040 O). Sie liegt am parvis du Sacré-Cœur.

Nachdem Joseph Hippolyte Kardinal Guibert, der Erzbischof von Paris (1871 bis 1886), den butte Montmartre zum Standort einer Wallfahrtskirche bestimmt hatte, wurde der Architekt Paul Abadie (*1812 bis 1884) mit dem Bauprojekt betraut; er hatte sich in einem Wettbewerb gegen achtundsiebzig Mitbewerber durchgesetzt. Mit der 1875 vorgenommenen Grundsteinlegung wurde nicht nur eine religiöse, sondern auch eine weltliche Symbolik verfolgt: Die Verfassung der (Dritten) Französischen Republik war im selben Jahr in Kraft getreten, sodass die neue Nationalversammlung die Errichtung der Basilika zu einem nationalen Anliegen erklärt hatte, das auch finanziell unterstützt wurde. Das Kirchengebäude sollte auch dem Gedenken an die französischen Opfer des Deutsch-Französischen Kriegs (1870 bis 1871) sowie der Buße für die Verbrechen während des Aufstands der Pariser Kommune (1871) dienen. Nachdem Abadie am 3. August 1884 verstorben war, folgten ihm noch sechs Architekten nach, die den Kirchenbau bis 1914 fertigstellten; die Weihe, zu der Papst Benedictus XV (1914 bis 1922) die Kirche zur basilica minor erhob, erfolgte aber erst am 16. Oktober 1919.

Basilique du Sacré-Cœur de Montmartre – 2017

Die Baukosten von etwa 40 Millionen FRF wurden zum Teil durch Spenden aufgebracht. Die Namen zahlreicher Gönner sind auf Inschriften, die am Kirchengebäude angebracht sind, festgehalten.

Die Basilika ist architektonisch eine Kreuzkuppelkirche.

Die Fundamente reichen bis zu einer Tiefe von etwa 33 Meter.

Das Bauwerk hat eine Breite von etwa 35 Meter und eine Länge von etwa 85 Meter. Es reicht bis zu einer Höhe von etwa 83 Meter in den Himmel.

Die in Châteu-Landon gebrochenen Mauersteine aus Travertin geben der Basilika eine kreideweiße Farbe, da die Steine durch die Einflüsse der Witterung das in ihnen gebundene Calcit verlieren. Mit seinen Rundbögen und Kuppeln im neubyzantinischen Baustil (1790 bis 1920) ist die Basilika dem Erscheinungsbild der Sophienkirche in Istanbul, dem Markusdom in Venedig und der Frontokathedrale in Périgueux nachempfunden.

Basilique du Sacré-Cœur de Montmartre – Reiterstatue des französischen Königs Louis IX des Heiligen – 2017

Oberhalb des Hauptportals, das durch drei Bögen geprägt ist, erheben sich zwei Reiterstatuen: Das westliche Standbild zeigt den französischen König Louis IX den Heiligen (1226 bis 1270), der am 11. August 1297 mit der Bulle „Gloria laus“ von Papst Bonifatius VIII (1294 bis 1303) zum Heiligen erklärt worden war. Die östliche Skulptur stellt die Bauerntochter Jeanne d’Arc (*1412 bis 1431) dar, die im Hundertjährigen Krieg (1337 bis 1453), den das (Erste) Königreich England um französische Lehens- und Thronfolgerechte mit dem (Ersten) Königreich Frankreich führte, begeisternd und erfolgreich gegen die englischen Besatzer kämpfte. Für ihren Tod auf dem Scheiterhaufen wurde Jeanne nicht nur 1455 zur Märtyrerin erklärt, vielmehr wurde sie auch 1909 von Papst Pius X (1903 bis 1914) zunächst zur Seligen und sodann 1920 von Papst Benedictus XV zur Heiligen erhoben. Die Reiterstatuen sind von dem Bildhauer Hippolyte Lefèbvre (*1863 bis 1935) geschaffen worden.

Das Gewölbe der Apsis ist mit dem 1922 fertiggestellten Mosaik des Malers Luc-Olivier Merson (*1846 bis 1920) geschmückt, das den Gottessohn Jesus Christus mit einem flammenden und dornenumkränzten Herzen zeigt: Dem Heiligsten Herzen! Mit einer Fläche von etwa 480 Quadratmeter ist das Kunstwerk eines der größten Mosaike der Welt.

Basilique du Sacré-Cœur de Montmartre – Apsisgewölbe – 2017

Der Glockenturm beherbergt ein 5-stimmiges Geläut aus Bronze.

Der Bordun, der ein im Umkreis von etwa 10 Kilometer hörbares cisº anschlägt, wurde von den in Savoyen gelegenen vier Diözesen finanziert. Nach ihren Stiftern ist die Großglocke als La Savoyarde bekannt.

Die am 13. Mai 1891 in Annecy-le-Vieux von der Firma Paccard gegossene Glocke hat ein Gewicht von etwa 19 Tonnen. Sie ist mit einem Durchmesser von etwa 3 Meter und einer Basisdicke von etwa 22 Zentimeter die sechst größte Glocke in Europa und die größte Glocke in Frankreich; ihr Klöppel wiegt etwa 850 Kilogramm. Mit einem von achtundzwanzig Pferden gezogenen Zugwagen gelangte der Bordun am 16. Oktober 1895 nach Paris.

Die Architektur des Kirchengebäudes wurde über viele Jahrzehnte erheblich kritisiert. So konnte man noch in Michel Fleury / Alain Erlande-Brandenburg / Jean-Pierre Babelon, Paris, 1974, nachlesen: „Wenn man sich nähert und den Vorplatz erreicht, wenn man das Innere betritt, kann man sich nicht mit der Häufung bedeutungsloser Baukörper abfinden, den ruhmrednerischen, unproportionierten Kuppeln, der unverwüstlichen Häßlichkeit der Skulpturen und Mosaiken und noch weniger mit der Kälte des bleichen Werkstoffs, der niemals eine Patina annehmen wird, diesem robusten Stein aus Château-Landon, der entgegen der Erwartung mit zunehmendem Alter immer weißer wird.“. Gleichwohl gehört die Basilika, die von ihren Besuchern staunend betrachtet wird, zu den am meisten besuchten Sehenswürdigkeiten in Paris.