Neptungras – Die ökologische Superpflanze

Das Neptungras (Posidonia oceanica) ist eine im Salzwasser gedeihende Pflanze, die sich ausschließlich im Mittelmeer findet. Es wächst vollständig untergetaucht auf dem Meeresboden.

Das Neptungras bildet großflächige Seegraswiesen, die bis zu einer Wassertiefe von etwa 40 Meter entstehen können, bei sehr klarem Wasser auch bis zu einer Wassertiefe von etwa 60 Meter. Das Neptungras besiedelt Gebiete mit einer guten Wasserzirkulation, insbesondere vor offenen Küsten oder spitzen Landzungen, die über feinsandigen oder felsigen Untergrund verfügen können; in Abhängigkeit von ihrem Standort entwickeln die Pflanzen entweder Wurzeln oder Haftscheiben. Das Neptungras bedarf eines sauerstoffhaltigen Wassers, das keinen großen Schwankungen der Temperatur (10 bis 22 Grad Celsius) oder des Salzgehaltes (33 bis 40 Gramm pro Liter) unterliegen darf.

Mit seinem stark verzweigten Wurzelwerk bietet das Neptungras seinen Blättern eine feste Verankerung am Meeresgrund. Seine Rhizome, die einen Durchmesser von etwa 5 Millimeter bis 1 Zentimeter erreichen, bilden zum einen die nach unten treibenden Wurzeln und zum anderen die nach oben wachsenden Blätter aus. Die etwa 3 bis 4 Millimeter durchmessenden Wurzeln graben sich bis zu einer Länge von etwa 40 Zentimeter in den Meeresboden ein. Die Internodien der Rhizome haben lediglich eine Länge etwa 0,5 bis 2 Millimeter, sodass an ihren Verzweigungen ein dichter Blattwuchs gewährleistet ist. Das Neptungras wächst zumeist in Bündeln von vier bis sechs, manchmal auch in Bündeln von acht bis zehn Blättern in die Höhe. An die etwa 1 bis 1,2 Zentimeter breiten und etwa 3 bis 5 Zentimeter langen Blattscheiden schließen sich die etwa 5 bis 9 Millimeter breiten und etwa 40 bis 50 Zentimeter langen Blattspreiten an, die in ihrer gesamten Länge linealisch verlaufen.

Das Neptungras vermehrt sich nicht nur durch Bestäubung geschlechtlich. Es entwickelt sich vielmehr auch durch Verzweigung vegetativ.

Während seiner Blütezeit, die von Mai bis Juni reicht, treibt das Neptungras etwa 7 bis 15 Zentimeter lange Schäfte aus, die ährenförmige Blütenstände tragen; allerdings entwickelt es jährlich nur eine Blüte auf etwa 10 Quadratmeter. Jeder Blütenstand wiederum, der eine Länge von etwa 2,5 bis 4,5 Zentimeter erreicht, bildet zwei bis sieben Blüten aus. Während die nichtendständigen Blüten zwittrig ausgestaltet sind, ist allein die endständige Blüte männlich angelegt.

Während seiner gesamten Lebenszeit bildet das Neptungras weitere Verzweigungen seines Rhizoms, die als Basis eines weiteren Blattwuchses dienen. So hat die Meeresbiologin Sophie Arnaud-Haond über eine Länge von etwa 15 Kilometer genetisch identische Neptungräser nachgewiesen, die miteinander verbunden sein müssen; aus der üblichen Wachstumsrate der Neptungräser leitet Arnaud-Haond ein Alter der Pflanze von etwa achtzigtausend Jahren ab!

Neptunball – Sa Ràpita – Arenal de sa Ràpita – 2022

Das Neptungras legt seine neuen Blätter ab August / September an, während es ab März / April sein Wachstum einstellt. Es wirft zudem ab Oktober seine alten Blätter ab, die sodann in großen Mengen an die Küsten gespült werden; häufig werden die Blätter von Neptunbällen begleitet, die aus Rhizomen bestehen, die von den Strömungen und Wellen aus dem Meeresboden herausgerissen und durch ständige Bewegungen zu verfilzten Kugeln geformt wurden.

Den ausgedehnten Seegraswiesen kommt eine große ökologische Bedeutung zu.

Die Seegraswiesen geben zahllosen Meeresbewohnern einen ihren Bedürfnissen entsprechenden Lebensraum, in dem sie geschützte Brut- und Rückzugsräume finden. So geht die Meeresbiologie davon aus, dass eine Seegraswiese mit einer Fläche von etwa 4.000 Quadratmeter von etwa vierzigtausend Fischen und etwa 50 Millionen wirbellosen Tieren, insbesondere Krebsen, Schnecken, Seesternen, Tintenfischen und Würmern, bewohnt wird.

Die von ihnen betriebene Photosynthese macht die Seegraswiesen zu den maritimen Lebensräumen mit der höchsten Produktion von Biomasse. Das im Wasser vorhandene Kohlendioxid wird vom Neptungras in Kohlenhydrate umgewandelt, die es insbesondere dauerhaft in seinen Rhizomen und Wurzeln ablagert. So speichern Seegraswiesen nach den Untersuchungen des Meeresbiologen Carlos Duarte (*1960) etwa doppelt so viel Kohlendioxid wie eine gleich große Fläche eines tropischen Regenwalds.

Mit seinen abgeworfenen Blättern bewirkt das Neptungras einen natürlichen Küstenschutz, insbesondere an den Sandstränden. Durch die Wasserbewegungen werden die Blätter nicht nur an die Küsten gespült, sondern auch mit dem Sand vermengt und verflochten, sodass er eine Bewehrung erhält. Das stützende Gerippe erschwert die Erosion der Sandstrände, die von den Naturgewalten des Meeres nicht mehr so leicht abgetragen werden können. Welche Bedeutung der Küstenschutz für die Erhaltung der Sandstrände hat, zeigt die 2018 von der Universitat de les Illes Balears herausgegebene Studie „Análisis de la evolución histórica de la linea de costa de la playa de es Trenc (Analyse der historischen Entwicklung der Küste des Strandes von Es Trenc)“: Der platja des Trenc hatte von 1956 bis 2015 einen durchschnittlichen Rückgang der Küstenlinie von 5,7 Meter hinzunehmen, der auch auf die tourismusfördernde Reinigung des Küstenabschnitts vom Neptungras zurückzuführen ist.